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Antisemitismusbeauftragte (auch Beauftragte gegen Antisemitismus, englisch Anti-Semitism commissioner sowie special envoy for combating antisemitism oder coordinator on combating antisemitism) sind von zumeist staatlichen Institutionen Beauftragte, die die Bekämpfung von Antisemitismus organisieren.
Auf Beschluss des Deutschen Bundestags vom 18. Januar 2018 wurde das Amt des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung eingerichtet.
Aufgabe des Beauftragten ist die Koordination der Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung von Antisemitismus. Er soll auch eine ständige Bund-Länder-Kommission mit Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen Stellen koordinieren und zur Sensibilisierung der Gesellschaft für aktuelle und historische Formen des Antisemitismus durch Öffentlichkeitsarbeit sowie politische und kulturelle Bildung beitragen.
Seit dem 1. Mai 2018 bekleidet Felix Klein den Posten. Im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition wurde bestimmt, dass der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung zukünftig im Kanzleramt angesiedelt und damit strukturell gestärkt werde.
In 15 Bundesländern, somit allen außer Bremen, wurden Antisemitismus-Beauftragte der jeweiligen Landesregierungen berufen.
Die Gemeinsame Bund-Länder-Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens (BLK) hat am 18. September 2019 ihre Arbeit aufgenommen. In der Kommission werden die Länder durch ihre Antisemitismusbeauftragten vertreten. Das Gremium steht unter dem gemeinsamen Vorsitz von Felix Klein und einer oder einem jeweils wechselnden Co-Vorsitzenden des Bundeslandes, das den Vorsitz in der Ministerpräsidentenkonferenz führt. Die Gründung des Gremiums greift den Bundestagsbeschluss 19/444 vom 18. Januar 2018 „Antisemitismus entschlossen bekämpfen“ auf. Die Einsetzung der Kommission war am 6. Juni 2019 durch die Bundeskanzlerin gemeinsam mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder einstimmig beschlossen worden.
Nach einer Abfrage in den Bundesländern vom Mai 2018 wollten zum damaligen Zeitpunkt die sechs Bundesländer Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Schleswig-Holstein keinen Antisemitismusbeauftragten berufen:
In Brandenburg sollte die Stelle eines Antisemitismus-Beauftragten im Jahre 2019 beim Moses-Mendelssohn-Zentrum für europäisch-jüdische Studien in Potsdam angesiedelt werden, teilte Staatskanzlei-Chef Martin Gorholt im Oktober 2018 mit. Der Jurist und langjährige Potsdamer Kommunalpolitiker Peter Schüler übernahm ab 1. Mai 2019 diese Aufgabe. Die Landesregierung von Brandenburg selbst hatte keine eigene Stelle eines Antisemitismus-Beauftragten eingerichtet, sondern unterstützt lediglich die Fachstelle am Moses-Mendelssohn-Zentrum. Am 18. Oktober 2018, als die Absicht des Land Brandenburg, die Stelle eines Antisemitismus-Beauftragten einzurichten, bekannt wurde, berichtete Domradio, dass sich der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, Amtskollegen in sämtlichen Bundesländern wünscht. Denn ein Großteil der Themen, die im Kampf gegen Judenhass relevant sind, falle in den Verantwortungsbereich der Länder.
In Bremen forderte der Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff nach dem Anschlag in Halle (Saale) 2019 die Einrichtung eines Antisemitismusbeauftragten für Bremen, wofür jedoch sowohl die jüdische Gemeinde im Land Bremen als auch Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) keine Notwendigkeit sehen. Sara Witt, aus der Senatskanzlei, Referatsleiterin 22 für Inneres, Justiz und Verfassung nimmt die Aufgabe nebenbei wahr.
In der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 1. Juni 2017 zur Bekämpfung von Antisemitismus beschloss das Europäische Parlament diesbezüglich einen umfassenden Katalog, der unter anderem enthält:
Stand Oktober 2019 haben 27 Staaten – darunter das Vereinigte Königreich, Deutschland, Österreich, Litauen, Slowakei, Rumänien und Bulgarien – diese Definition übernommen.
In der neuen EU-Kommission, die Ende November 2019 vom Europäischen Parlament gewählt worden ist, ist Katharina von Schnurbein direkt bei Ursula von der Leyens Stellvertreter Margaritis Schinas (Griechenland) angesiedelt. Schinas bekam neben der Zuständigkeiten für Bildung und Migration auch den Auftrag, den Dialog mit Kirchen und Religionsgemeinschaften zu koordinieren. Unterstützt wird von Schnurbein von einem neu eingesetzten Team, welches sich ausschließlich um die Thematik „Bekämpfung von Antisemitismus“ kümmert.
Das Amt des Antisemitismusbeauftragten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der Parliamentary Assembly Special Representative on Anti-Semitism, Racism, and Intolerance (englisch Sonderbeauftragter der Parlamentarischen Versammlung gegen Antisemitismus, Rassismus und Intoleranz), nimmt seit 2015 der US-Senator Benjamin Cardin wahr und wurde am 27. Juli 2019 wiederbestellt. Auf dem US-Kongress stellte er eine parteiübergreifende Resolution vor, die den Antisemitismus verurteilt und die Staats- und Regierungschefs der Welt auffordert, sich dagegen auszusprechen. Er war der Hauptbefürworter einer Senatsresolution, die die Ziele der Prager Konferenz über das Vermögen der Holocaust-Ära unterstützte. Cardin hat im US-Kongress mehrere Anhörungen und Veranstaltungen zur Bekämpfung des Antisemitismus und anderer Formen der Intoleranz abgehalten.
In Frankreich wurde am 3. Mai 2017 Frédéric Potier zum interministeriellen Beauftragten für den Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und Homophobie berufen. Er ist der Präfekt der elfköpfigen Délégation Interministérielle à la Lutte Contre le Racisme, l'Antisémitisme et la Haine anti-LGBT (DILCRAH), die im Februar 2012 eingerichtet wurde und direkt dem Premierminister untersteht. Zu diesem Zweck berät sie die Ministerien, insbesondere in den Bereichen Bildung, Polizei und Justiz, aber auch Kultur, Stadtpolitik, Digital und Übersee. Insbesondere koordinierte sie die Entwicklung des Aktionsplans gegen Rassismus und Antisemitismus 2015–2017 und des Mobilisierungsplans gegen Hass und Diskriminierung gegen LGBT. Frédéric Potier prangert den steilen Anstieg der Zahl antisemitischer Straftaten in den ersten neun Monaten des Jahres 2018 um fast 70 Prozent an und gibt drei Ursachen dafür an: den radikalen Islamismus, die Erstarkung der Rechtsextremen und die Auswirkungen des Internets und der sozialen Medien. Immer häufiger kommt es nach Hassnachrichten zu antisemitischen oder rassistischen Übergriffen.
Im April 2019 berief die Regierung von Griechenland Efstathios C. Lianos Liantis zum Antisemitismusbeauftragten, um Judenhass und Holocaustleugnung zu bekämpfen.
Vor dem Hintergrund von Berichten über wachsenden Antisemitismus hat Italiens Regierung Anfang 2020 eine Beauftragte zur Bekämpfung von Judenfeindlichkeit ernannt. Wie Ministerpräsident Giuseppe Conte auf Twitter schrieb, übernimmt die Professorin und Politikerin Milena Santerini den neuen Posten, daneben wurde eine parlamentarische Kommission zur Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus eingerichtet. Santerini berichtete, dass rund 170 der insgesamt rund 250 im Jahre 2019 gezählten antisemitischen Straftaten sich im Internet ereignet hätten.
Die österreichische Regierung wollte, Stand November 2018, keinen Antisemitismusbeauftragten bestellen. 2021 sollte im Bundeskanzleramt eine Stabstelle gegen Antisemitismus unter der Leitung von Karoline Edtstadler eingerichtet werden.
Die Schweiz hat keinen eigenen Antisemitismusbeauftragten bestellt. Die Aufgabe wird von der seit 1995 bestehenden Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) wahrgenommen. Sie ist eine vom Bundesrat eingesetzte außerparlamentarische Kommission. Als solche hat sie den Auftrag, aus einer unabhängigen Warte den Bundesrat, die Departemente und Ämter zu beraten. Daneben existiert die 1990 gegründete Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus. Zusammen mit ihr gibt der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) einen jährlichen Antisemitismusbericht heraus.
Beim Eidgenössischen Departement des Innern wurde 2001 als Teil des Generalsekretariats eine Fachstelle für Rassismusbekämpfung (FRB) eingerichtet. Sie ist für die Prävention von Rassismus zuständig. Sie gestaltet, fördert und koordiniert Aktivitäten auf eidgenössischer, kantonaler und kommunaler Ebene. Sie verwendet die Antisemitismusdefintion der IHRA.
Am 23. Juli 2019, einen Tag vor ihrem Rücktritt, hat Premierministerin Theresa May John Mann zum Independent adviser on antisemitism (englisch unabhängigen Berater gegen Antisemitismus) ernannt. Er ist Vorsitzender der All-Party Parliamentary Group against Antisemitism (englisch Allparteien-Fraktion gegen Antisemitismus) und dafür verantwortlich, dem Department for Levelling Up, Housing and Communities (englisch Ministerium für Wohnungswesen, Gemeinden und Kommunalverwaltung, MHCLG) unabhängige Ratschläge zu den wirksamsten Methoden zur Bekämpfung des Antisemitismus zu erteilen. John Mann hat am 7. September 2019 angekündigt, bei den kommenden Parlamentswahlen nicht mehr als Labour-Abgeordneter im House of Commons anzutreten, um sich in Vollzeit dieser Aufgabe zu widmen. Ein weiterer Grund sei, dass Jeremy Corbyn nicht in der Lage sei, Premierminister zu sein, weil er die Antisemitismuskrise, die die Partei erfasst hat, völlig falsch gehandhabt habe. John Mann will mit Lord Eric Pickles, dem britischen Sonderbeauftragten für Fragen nach dem Holocaust, und Tariq Ahmad, Baron Ahmad of Wimbledon, dem Sonderbeauftragten für Religions- und Glaubensfreiheit, zusammenarbeiten, um einen einheitlichen Ansatz zu gewährleisten.
Deborah Lipstadt wurde am 30. Juli 2021 durch den US-Präsidenten Joe Biden zur Antisemitismusbeauftragten des US-Außenministeriums bestellt. Nach Angaben des Weißen Hauses soll Lipstadt als spezielle Gesandte im Range einer Botschafterin Antisemitismus »beobachten und bekämpfen«. Sie ist eine der international renommiertesten Holocaust-Forscherinnen.
In Israel wurde die Aktivistin, TV-Produzentin, Sängerin und Buchautorin Noa Tishby am 11. April 2022 als Sonderbeauftragte zur Bekämpfung des Antisemitismus (special envoy for combating antisemitism) und der Delegitimierung Israels durch den israelischen Außenminister Jair Lapid berufen. Im April 2023 wurde sie aus dem Amt entlassen, nachdem sie sich gegen die von der neuen Regierung des wiedergewählten Premierministers Benjamin Netanjahu vorgeschlagene Justizreform ausgesprochen hatte. Ihre Nachfolgerin wurde Michal Cotler-Wunsh.
Julius Meinl V. wurde im Oktober 2017 zum Kommissar des Jüdischen Weltkongresses (World Jewish Congress, WJC) für die Bekämpfung des Antisemitismus ernannt.
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