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Weiltinger Affäre


Weiltinger Affäre


Als Weiltinger Affäre (auch als Weiltinger Vorfall, Weiltinger Fall, Weiltinger Sache, Weiltinger Angelegenheit, Weiltinger Irrungen, Weiltinger Differenzen, Algarade à Wailtingen oder farheuse affair de Wailtingen bezeichnet) wird ein Herrschaftskonflikt der Herrschaftsträger Württemberg und Preußen im Rahmen der preußischen Besitzübernahme des Fürstentums Ansbach-Bayreuth im Jahr 1792 bezeichnet.

Die Region an der Wörnitz südlich des Hesselbergs lag an einer antiken Ertrags- und Siedlungsgrenze, die ihren Grenzstatus bis zum Jahr 1791 als Kultur-, Imperiums-, Reichs-, Stammes-, Gau-, Reichskreis- und Obrigkeitsgrenze behielt. Dieser Grenzstatus entwickelte sich über die Jahrhunderte zu einem verworrenen, aber lange Zeit stabilen Mikrokosmos der besonderen Art. Gekennzeichnet war die außergewöhnliche, strittige und vielherrische Situation durch ein erhöhtes Konfliktpotenzial, in das die Regierungen der Herrschaftsträger Oettingen, Brandenburg-Ansbach und Württemberg und ihre Oberämter (Aufkirchen, Wassertrüdingen, Weiltingen) verwickelt waren.

Johann Jakob Moser schrieb im Jahr 1765 über die Region: „Die allergrösseste Confusion und Streitigkeiten endlich trifft man in der Gegend um Dünckelsbühl, wo dieser Statt Gebiet (sic), das Brandenburg-Onolzbachische, Fürst- und Gräflich-Oettingische, Würtemberg-Weiltingische, usw. zusammenstossen: Denn da ist nicht nur das Petitorium streitig; sondern es befindet sich auch nicht einmal ein- oder anderer Theil in einem ruhigen Besiz: Dahero z.e. ein Ehebrecher, wann er ertappet werden kann, offt von 2. oder 3. Herrschafften wegen einerley Sache bestraffet wird. Diess hat so dann natürlicher Weise seinen Einflüsse auch in die Land-Charten; dahero z.e. in denen Vetterischen Charten von denen Fürstlich-Brandenburg-Onolzbachischen Landen viles zu disen gezogen wird, so man in denen Oettingischen zu Oettingen, ingleichen resp. in denen Würtembergischen zu Würtemberg rechnet.“

Im Jahr 1791 dankte der letzte Markgraf von Ansbach-Bayreuth, Carl Alexander, ab und die Kurlinie Brandenburg-Preußen übernahm das fränkische Fürstentum. Der aus Berlin abgesandte preußische Dirigierende Minister Karl August von Hardenberg haderte mit den eigenartigen Verhältnissen im fränkischen Fürstentum, die eine staatliche Entwicklung nach preußischem Vorbild erschwerten. Nach der offiziellen Besitzübernahme am 5. Januar 1792 veränderte er die Konfliktstrategie der alten markgräflichen Regierung im Umgang mit altstrittigen Herrschaften und Gebieten.


Am 14. Februar 1792 machte sich ein preußischer Amtsschreiber auf den Weg in das württembergische Weiltingen, um dort an einem der Tore sog. Regierungsantrittspatente anzuschlagen. Der Weiltinger Oberamtmann Johann Friedrich Stockmayer ließ die Patente umgehend wieder abnehmen, worauf eine bewaffnete preußische Miliz am 18. Februar 1792 einen zweiten Versuch unternahm. Die Weiltinger Bürgerschaft vertrieb die Abgesandten, dabei wurden von preußischer Seite Schusswaffen eingesetzt - auf beiden Seiten gab es Verletzte. Um den aufrührerischen Ort ruhig zu stellen marschierte am 28. Februar 1792 reguläres preußisches Militär in den Ort ein und besetzte ihn einige Tage, worauf es zu einem diplomatischen Konflikt zwischen Preußen und Württemberg kam.

In die diplomatischen Verwicklungen waren die Regierung des Herzogtums Württemberg, der regierende Herzog Carl Eugen, sein in Weiltingen lebender Bruder Ludwig Eugen, die Ansbacher Lokalregierung, der Dirigierende Minister Ansbach-Bayreuths Karl August von Hardenberg, das preußische Kabinettsministerium und der preußische König Friedrich Wilhelm II. verwickelt.

Da sich Weiltingen seit 1616 im württembergischen Besitz befand, lösten die preußischen Aktionen diplomatische Verwerfungen um die Landeshoheit und den daraus resultierenden Befugnissen sowie um den Begriff der Landeshoheit selbst aus. Der Ansbacher Statthalter Hardenberg geriet stark unter politischen Druck.

Die versuchte Herrschaftsausdehnung Preußens wurde Thema auf den Gängen im Reichstag in Regensburg sowie beim Reichshofrat in Wien. Zeitungen im In- und Ausland berichteten über den Vorfall. Zahlreiche Schriften zum Umgang mächtiger mit mindermächtigen Herrschaftsträgern erschienen. Der Fall avancierte im Kampf der mindermächtigen Reichsglieder (vor allem der Reichsritterschaft) um ihre politische Existenz zum breitgetretenen negativen Beispielobjekt, worauf sich die Hardenberg mehrmals regierungsintern und öffentlich verwahren musste.

Nach anfänglicher Missgunst beim preußischen Kabinettsministerium bzw. beim preußischen König schaffte er es aber im Kabinettsministerium eine Meinungsumkehr herbeizuführen. Seine Argumente legte er, auf den Verwerfungen der Weiltinger Affäre beruhenden Grundsatzprogramm nieder, das später der preußischen Politik in Franken als Richtschnur diente. Auf Basis dessen wurden ab 1796 an den Grenzen Ansbach-Bayreuths zahlreiche reichsritterschaftliche Herrschaften mediatisiert und dem preußischen Staatsgebiet zugeschlagen. Sein Vorgehen gegen die Reichsritter war nicht mit der Verfassung des HRR vereinbar und sein Vorgehen höhlte in der Folge die Verfassung des schon morbiden alten Reichs noch weiter aus – lange bevor Napoleon Bonaparte die europäische Landkarte in Angriff nahm.

  • Gustav Braun: Markt Weiltingen an der Wörnitz – Eine lokalgeschichtliche Studie, Ansbach 1909.
  • Georg Bürer; Jakob Philipp: Collectanea Weiltingensia, 1770/1819 – handschriftliches Konvolut einzelner Blätter.
  • Fritz Hartung: Hardenberg und die preussische Verwaltung in Ansbach-Bayreuth von 1792 bis 1806, Tübingen 1906.
  • Teresa Neumeyer: Dinkelsbühl – der ehemalige Landkreis. Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken, Reihe I, Heft 40, 2018. ISBN 978-3-7696-6562-8
  • Christian Meyer: Hardenberg und seine Verwaltung der Fürstenthümer Ansbach und Bayreuth, 1892.
  • Christian Meyer: (Ders.:) Preussens innere Politik in Ansbach und Bayreuth in den Jahren 1792–1797: enthaltend die Denkschrift des Staatsministers Karl August v. Hardenberg.
  • Michael Puchta: Mediatisierung „mit Haut und Haar, Leib und Leben“. Die Unterwerfung der Reichsritter durch Ansbach-Bayreuth (1792–1798). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012, ISBN 978-3-525-36078-1. 
  • Dieter Schuster: Preußen! Bis hierher und nicht weiter! Die Weiltinger Affäre 1792. 2024, ISBN 978-3-00-073033-7. 
  • Thomas Stamm-Kuhlmann: Karl August von Hardenberg 1750–1822, Tagebücher und Aufzeichnungen, 2000. ISBN 978-3-486-56277-4
  • Thomas Stamm-Kuhlmanns: „Freier Gebrauch der Kräfte“: Eine Bestandsaufnahme der Hardenberg-Forschung, 2014. ISBN 978-3-486-83314-0
  • Karl Hayo von Stockmayer: Württembergs Fehde mit Ansbach um die Herrschaft Weiltingen: Johann Friedrich Stockmayer im Kampf gegen Karl August Freiherr von Hardenberg ; Kleinstaatl. Zustände im ausgehenden 18. Jh. Stuttgart: Krais 1941.
  • Karl Süssheim: Preussens Politik in Ansbach-Bayreuth, 1791–1806, Berlin 1902.

Text submitted to CC-BY-SA license. Source: Weiltinger Affäre by Wikipedia (Historical)


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