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Otto Ambros (Chemiker)


Otto Ambros (Chemiker)


Otto Ambros (* 19. Mai 1901 in Weiden in der Oberpfalz; † 23. Juli 1990 in Mannheim) war ein deutscher Chemiker, verurteilter Kriegsverbrecher und Wehrwirtschaftsführer. Letzteres kennzeichnet seine maßgebliche Rolle in der Zusammenarbeit von NS-Staat und I.G. Farben.

Ambros, Sohn eines Professors, beendete seine Schullaufbahn 1920 mit dem Abitur in München. Ab 1919 war er Zeitfreiwilliger bei einem Freikorps. Ab 1920 studierte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München Chemie und an der Technischen Hochschule Agrarwissenschaften. 1921 wurde er Mitglied des Corps Suevia München. Mit einer Doktorarbeit beim Nobelpreisträger Richard Willstätter wurde er 1925 zum Dr. phil. (magna cum laude) promoviert.

Ab 1. April 1926 war er bei der BASF im Ammonlabor des Werkes Oppau tätig. 1930 verbrachte er einen einjährigen Studienaufenthalt in Sumatra, Java, Ägypten und Ceylon. Ab 1934 war Ambros Prokurist bei der I.G. Farben, ab 1935 Geschäftsführer des Bunawerkes in Schkopau und ab 1936 in Ludwigshafen im Hauptausschuss „Pulver und Sprengstoffe“ tätig. Er war Giftgas- und Bunaexperte der I.G. Farben im „Sonderausschuß C“ zur Entwicklung chemischer Kampfstoffe. Er war federführend an der großtechnischen Herstellung der von Gerhard Schrader entdeckten chemischen Kampfstoffe Sarin und Tabun beteiligt. Von 1938 bis zum Kriegsende 1945 war Ambros Vorstandsmitglied des Technischen und Chemischen Ausschusses der I.G. Farben. Ambros beriet Carl Krauch ab 1940 bei der Erstellung des Vierjahresplans als Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung. Er war Betriebsführer der Fabrik Dyhernfurth, die Sarin und Soman produzierte, sowie der Fabrik Gendorf, die den hautschädigenden chemischen Kampfstoff Senfgas (Lost) herstellte. Ambros, der den „Arbeitseinsatz“ von KZ-Häftlingen befürwortete, besuchte nach 1941 mehrmals das KZ Auschwitz III Monowitz. Er leitete zudem die Abteilung Textilhilfsmittel und den Sonderausschuss Kunststoffe im Reichsministerium für Bewaffnung und Munition.

Zum 1. Mai 1937 trat er der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 6.099.289) Am 30. Januar 1941 wurde Ambros Wehrwirtschaftsführer. Als Wehrwirtschaftsführer für „Chemische Kampfstoffe“ erläuterte Ambros Mitte Mai 1943 im Führerhauptquartier Adolf Hitler persönlich die Auswirkungen der Nervengase Sarin und Tabun. Im Oktober 1944 erhielt er die Todt-Nadel, im Februar 1945 wurde ihm das Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes verliehen.

Ambros nahm nach Kriegsende seine Tätigkeit In Ludwigshafen/Oppau wieder auf, bevor er durch die Franzosen ab dem 21. Januar 1946 in dem Displaced Person-Camp Altschweier inhaftiert, am 2. Mai 1946 aber wieder entlassen wurde. Für den I.G.-Farben-Prozess wurde Ambros am 11. Dezember 1946 erneut in Gewahrsam genommen. Schwerpunkte der Anklage waren die Herstellung von Kampfstoffen und der Aufbau des IG Farben-Werks in Auschwitz. Walter Dürrfeld und Ambros galten im I.G.-Farben-Prozess als Hauptverantwortliche für das KZ Auschwitz III Monowitz und den Einsatz der dortigen Zwangsarbeiter bei der Errichtung des IG Farben-Werks Auschwitz bei hoher Fluktuation. Der Verteidiger von Ambros im Prozess war der Rechtsanwalt Karl Hoffmann, der in seinem Plädoyer für Ambros am 4. Juni 1948 mit der Behauptung glänzte: »Die in Auschwitz sterben mussten, haben andere auf dem Gewissen, nicht aber Otto Ambros.«. Der Versuch der Verteidigung, Ambros als Techniker ohne politisches Bewusstsein, ohne Verantwortung und ohne Befehlsgewalt als den Ausführenden, aber den Staat mit seinen Machtorganen als verantwortlichen und Tod bringenden Entscheidungsträger darzustellen, scheiterte vor Gericht, das einen Notstand, in dem sich Ambros befunden haben könnte, nicht erkennen mochte. Ambros wurde wie Dürrfeld zu acht Jahren Haft verurteilt. Ambros wurde 1952 nach drei Jahren Haft vorzeitig aus dem Kriegsverbrechergefängnis Landsberg entlassen.

Danach hatte er zahlreiche Aufsichtsratsposten inne: Chemie Grünenthal, Julius Pintsch AG, Knoll, Feldmühle, Telefunken. Er war außerdem Berater von Konrad Adenauer, Friedrich Flick und des in einen Asbestskandal verwickelten amerikanischen Konzerns W. R. Grace and Company.

Laut Martin Johnson, Direktor des Thalidomide Trust und Autor des Buches The Last Nazi War Crime, deutet die Sachlage darauf hin, dass Ambros bei Grünenthal an der Entwicklung des Wirkstoffes Thalidomid beteiligt war, der als Medikament unter dem Namen Contergan als rezeptfreies Beruhigungs- und Schlafmittel von 1957 bis 1961 in vielen Ländern Europas vertrieben wurde. Eine Einnahme durch Schwangere führte bei den Föten zu einer Häufung von schweren Fehlbildungen oder gar dem Fehlen von Gliedmaßen und Organen. Hierdurch kamen weltweit insgesamt etwa 5.000–10.000 geschädigte Kinder zur Welt. Zudem kam es zu einer unbekannten Zahl von Totgeburten. Johnson behauptet, Thalidomid sei im Dritten Reich als Gegenmittel gegen Nervengifte wie Sarin unter anderem von Ambros entwickelt worden (das „A“ in Sarin steht für Ambros) und dann von Ambros bei Grünenthal weiterentwickelt worden.

Weitere Dokumente, die der argentinische Autor Carlos de Napoli bereits Ende der 1970er-Jahre zutage befördert hatte, beweisen, dass auch IG Farben in den Konzentrationslagern mit Thalidomid experimentiert hat.

1981 hatte ein amerikanischer Journalist die Gelegenheit, ein persönliches Interview mit Ambros in dessen Mannheimer Wohnung zu führen. Auf die Frage nach seinen Aktivitäten während des Zweiten Weltkrieges antwortete Ambros: „Das ist doch schon so lange her. Es hatte mit Juden zu tun. Wir denken darüber nicht mehr nach.“

Nach seinem Ableben wurde er in einer Todesanzeige durch die BASF/Knoll AG gewürdigt: „Eine ausdrucksvolle Unternehmerpersönlichkeit von großer Ausstrahlungskraft.“

  • Zwangsarbeit in der Zeit des Nationalsozialismus
  • Stefan Hörner: „Die in Auschwitz sterben mussten, haben andere auf dem Gewissen...“. Projektion, Rezeption und Realität der I.G. Farbenindustrie AG im Nürnberger Prozess, Dissertation, Berlin 2010. https://d-nb.info/1024866416/34
  • Jens Ulrich Heine: Verstand & Schicksal: Die Männer der I.G. Farbenindustrie A.G. (1925–1945) in 161 Kurzbiographien. Verlag Chemie, Weinheim 1990, ISBN 3-527-28144-4.
  • Hermann Weiß (Hrsg.): Biographisches Lexikon zum Dritten Reich. S. Fischer, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-10-091052-4. 
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. 2. Auflage. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.
  • Wollheim Memorial – Biografie Otto Ambros

Text submitted to CC-BY-SA license. Source: Otto Ambros (Chemiker) by Wikipedia (Historical)