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Cisgeschlechtlichkeit


Cisgeschlechtlichkeit


Cisgeschlechtlichkeit oder als Adjektiv cisgeschlechtlich oder (Anglizismus, nicht deklinierbar) cisgender (aus lateinisch cis „diesseits“ und englisch gender „soziales Geschlecht“) bzw. kurz cis bezeichnet Personen, deren Geschlechtsidentität mit dem in der Regel anhand äußerer Merkmale vor oder unmittelbar nach der Geburt bestimmten Geschlecht übereinstimmt.

Eine solche Übereinstimmung findet sich bei der weit überwiegenden Mehrheit aller Menschen: Sie identifizieren sich mit ihrem Geburtsgeschlecht – im Unterschied zu transgeschlechtlichen Menschen („jenseitig, darüber hinaus“). Die Übereinstimmung von Geschlecht und Identität bezieht sich nicht auf die sexuelle Orientierung oder sexuelle Identität einer Person.

In der Sexualwissenschaft wurde die cis-/trans-Unterscheidung bereits 1914 anhand der Gegenüberstellung von Cisvestitismus und Transvestitismus durch Ernst Burchard eingeführt. Die Bezeichnungen zissexuell und Zissexualismus führte der Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch 1991 ein, um auszudrücken, dass es Zissexuelle geben müsse, wenn es Transsexuelle gebe, und dass das als normal unterstellte Zusammenfallen von Körpergeschlecht und Geschlechtsidentität keine Selbstverständlichkeit sei:

Bei der Begriffsbildung wurde Sigusch nach eigenen Angaben vom Wortpaar transalpin/cisalpin inspiriert. Das englische Wort cisgender wurde 1994 von der Biologin Dana Leland Defosse eingeführt und in Usenet-Gruppen verwendet und 2007 von Julia Serano in ihrem Buch Whipping Girl populär gemacht. Stellenweise wurden Formulierungen wie geborene oder genetische Männer/Frauen benutzt, oder Biomann und Biofrau – diese können aber als diskriminierend wahrgenommen werden. Unterschiedliche Präferenzen für den Terminus cisgender/cisgeschlechtlich gegenüber cissexuell (oder umgekehrt) folgen hauptsächlich den Präferenzen für die Bezeichnungen transgender/transgeschlechtlich bzw. -transsexuell. In der Wissenschaft hat das Konzept cisgender insbesondere Auseinandersetzungen mit cis-Privilegien angestoßen. Als Adjektiv wird der Begriff cis verwendet, um verschiedene Geschlechtsidentitäten präzise zu benennen, ohne sonst häufig nur implizite Normen (etwa dass mit „Mann“ nur cis Männer gemeint seien) zu reproduzieren.

Kritik am Konzept verweist darauf, dass die cis-trans-Unterscheidung nicht-binäre Geschlechtsidentitäten unbeachtet lasse, dass die Verwendung als Nomen („ein Cisgender“) Menschen nur anhand ihres cis-Seins definiere oder dass das „Geburtsgeschlecht“ kein fixierter Ausgangspunkt für einen Vergleich sei. Finn Enke betont aus einer transfeministischen Perspektive, dass die Benennung zwar dazu beigetragen habe, die vorangegangene Unmarkiertheit von Menschen, die nicht trans sind, und damit verbundene Privilegien hervorzuheben. Enke kritisiert aber, dass im Diskurs über Cisgeschlechtlichkeit häufig spezifische kulturelle Kontexte und andere Privilegierungs- und Diskriminierungsformen ausgeblendet würden. Enke kritisiert auch, dass die Bezeichnung die Dynamik von Geschlecht vernachlässige:

Ähnlich argumentieren auch Wendy Chapkis und Hugh English, dass die cis-trans-Unterscheidung selbst eine neue stabile Binarität zur Folge habe, die vernachlässige, wie auch Menschen, die sich nicht als trans verstehen, ihr Geschlecht auf unterschiedliche Weise verstehen.

Einige Menschen lehnen die Bezeichnung cis(gender) für sich ab oder sehen sie als Beleidigung. Elon Musk kündigte 2023 nach einer Umfrage unter seinen Followern an, auf der Plattform Twitter/X die Verwendung der Bezeichnung als möglicherweise zur Sperre führende Beleidigung zu sanktionieren.

  • Joan Roughgarden: Evolution’s Rainbow: Diversity, Gender, and Sexuality in Nature and People. University of California Press, Berkeley u. a. 2004, ISBN 0-520-24073-1 (englisch).
  • Julia Serano: Whipping Girl: A Transsexual Woman on Sexism and the Scapegoating of Femininity. Seal Press 2007.
  • Volkmar Sigusch: Die Transsexuellen und unser nosomorpher Blick. In: Zeitschrift für Sexualforschung. Heft 3–4, 1991, S. 225–256 und 309–343.
  • Volkmar Sigusch: Transsexueller Wunsch und zissexuelle Abwehr. In: Psyche. Jahrgang 49, Heft 9, 1995, S. 811–837.
  • Volkmar Sigusch: Sexualitäten: Eine kritische Theorie in 99 Fragmenten. Campus, Frankfurt/New York 2013, ISBN 978-3-593-39975-1, S. 244 ff. Kapitel #42 Zissexuelle und ihre Abwehr (Seitenvorschauen in der Google-Buchsuche).
  • Regenbogenportal: Cis, cisgeschlechtlich. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Mai 2019.
  • Wissenslücke: #Cis-Gender. FUMA – Fachstelle Gender & Diversität NRW.
  • Arn Sauer: LSBTIQ-Lexikon: Cisgender, Cissexismus. Bundeszentrale für politische Bildung, 27. März 2017.
  • Anja Kühne: Das Queer-Lexikon: Was bedeutet Cisgender? In: Der Tagesspiegel. 5. Januar 2016.

Text submitted to CC-BY-SA license. Source: Cisgeschlechtlichkeit by Wikipedia (Historical)