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Ketamin


Ketamin


Ketamin ist ein in Human- und Tiermedizin eingesetztes dissoziatives Anästhetikum.

Seine Wirkung beruht wesentlich auf der nichtkompetitiven Hemmung von NMDA-Rezeptoren (NMDA-Rezeptor-Antagonist). Es bewirkt eine ausreichende Analgesie bei erhaltenem Wachzustand ohne Beeinträchtigung der Vitalfunktionen und ist aufgrund seiner therapeutischen Breite etabliert in der Katastrophenmedizin. Die psychotomimetische Wirkungskomponente veranlasst Zurückhaltung im medizinischen Einsatz, führte aber zur Verwendung als Rauschdroge. Seit einigen Jahren wird Ketamin, in Form von Infusionen oder als Nasenspray, auch zur Behandlung schwerer, therapieresistenter Depressionen mit akuter Suizidalität und Angststörungen eingesetzt. Ketamin ist in der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation aufgeführt.

Das (S)-Enantiomer Esketamin wurde in jüngerer Zeit in den USA und der Europäischen Union zur Notfallbehandlung behandlungsresistenter Depression zugelassen.

Im Rahmen eines Forschungsauftrages der Firma Parke-Davis bei der Suche nach einem Ersatz für das mit starken Nebenwirkungen behaftete Narkosemittel Phencyclidin (PCP, „Angel Dust“) synthetisierte Calvin L. Stevens, Chemiker an der Wayne State University (Detroit, Michigan, USA), im April 1962 erstmals die Substanz Ketamin (CI-581).

Im Jahr 1966 erhielt Parke-Davis ein Patent für die Herstellung von Ketamin als Arzneimittel sowohl für die Humanmedizin als auch für die Tiermedizin. Edward Felix Domino, Professor für klinische Pharmakologie an der Universität in Michigan (USA), führte am 3. August 1964 seinen ersten (nichtmedizinischen) Selbstversuch mit Ketamin durch und erkannte dabei das psychedelische Potential der Substanz. Die Bezeichnung dissoziatives Anästhetikum für Ketamin wurde von ihm dann im folgenden Jahr 1965 eingeführt.

Im Vietnamkrieg wurde Ketamin an amerikanischen Soldaten erprobt und bald routinemäßig als Anästhetikum bei der Behandlung von Kampfverletzungen eingesetzt. 1970 erfolgte die Zulassung als Arzneimittel durch die Food and Drug Administration. Als Straßendroge verbreitete sich Ketamin etwa ab Mitte der 1970er Jahre.

Ketamin ist ein chirales Cyclohexanonderivat und Phenylcyclohexylamin mit einem Stereozentrum.

Pharmazeutisch werden die Hydrochloride des rac-Ketamins und des Esketamins verwendet.

Ketamin kann hergestellt werden aus 2-Chlorbenzonitril und Cyclopentylmagnesiumbromid mittels Grignard-Reaktion, nachfolgender Halogenierung mit Brom und anschließender Kondensation mit Methylamin. Das Erhitzen in Decalin führt unter Ringerweiterung zum racemischen Ketamin.

Ketamin ist in vielfältiger Weise, insbesondere in seinem aliphatischen Anteil, deuteriert worden, um einerseits Metaboliten massenspektroskopisch ausfindig zu machen und um andererseits Molekülpositionen durch Anwendung des kinetischen Isotopeneffekts gegenüber dem Stoffwechsel zu stabilisieren und das Wirkprofil dieser Verbindungen zu studieren. Diente einst die am Methyl mit 11C markierte Verbindung als provisorischer PET-Tracer, so ist seit dem Jahr 2018 ein Tracer bekannt, der an stoffwechselstabiler Position mit dem Nuklid 14C radioaktiv markiert ist. Das in der Synthese verwendete 14C-Benzonitril ist per Sandmeyer-Reaktion in hoher Ausbeute zugänglich. N-Ethylnorketamin, Deschlorketamin und die 2-Fluor-Entsprechung sind in den 2010er Jahren als NPS identifiziert worden.

Die Hauptwirkung des Ketamins besteht in der Porenblockade des ionotropen NMDA-Rezeptors. Das Enantiomer Esketamin ist diesbezüglich aufgrund höherer Affinität wirksamer. Zusätzlich hemmt Ketamin diesen Rezeptor allosterisch. Es moduliert und aktiviert GABAA-Rezeptoren der Typen α6β2δ und α6β3δ und unterscheidet sich hierin von den NMDAR-Antagonisten Phencyclidin und Dizocilpin. Ketamin hat eine schwache agonistische Wirkung an Opioidrezeptoren.

Weiterhin wirkt Ketamin hemmend auf die periphere Wiederaufnahme von Katecholaminen wie Noradrenalin und Dopamin an der synaptischen Endplatte mit Verstärkung endogener und exogener Katecholamineffekte. Durch diese Mechanismen kommt es zu einer ausgeprägten Stimulation des Herz-Kreislauf-Systems, zum Beispiel zu gesteigerter Herzfrequenz, erhöhtem Blutdruck und (kurzzeitig) erhöhtem Herzschlagvolumen. Durch Überstimulation des Zentralnervensystems oder Induktion eines kataleptischen Stadiums wird eine Amnesie ausgelöst. Das thalamoneocorticale System wird gedämpft, das limbische aktiviert. Ketamin wirkt auf das periphere Nervensystem sowohl depressiv (durch Blockade des Membranstroms) als auch exzitatorisch (durch Modifikation der Natrium-Kanal-Fraktion). Es hat nur geringe viscerale analgetische Effekte, dafür aber ausgeprägte somatische.

Die Ursache für die schnell einsetzende antidepressive Wirkung von Ketamin ist noch unklar. Es gibt mannigfaltige Erklärungsversuche. Einer der jüngeren Ansätze erklärt diese spezielle Wirkung mit der Hemmung von NMDA-Rezeptoren in der lateralen Habenula und der Enthemmung nachgeschalteter monoaminerger Belohnungszentren. Daneben rückten MikroRNAs ins Blickfeld. Die Expression von miR-29b-3p im präfrontalen Kortex wird durch Ketamin erhöht, was sich günstig auf die Regulation des metabotropen Glutamatrezeptors Typ 4 auswirkt. Ferner wird untersucht, inwieweit der Metabolit (2R,6R)-Hydroxynorketamin eine eigene antidepressive Wirkung hat.

Das allgemeine pharmakologische Profil von (S)-Ketamin entspricht weitgehend dem des Racemats. Die analgetische und anästhetische Potenz von (S)-Ketamin ist etwa dreifach höher als die der (R)-Form bzw. doppelt so hoch wie die des Racemats; zur Erzielung gleichartiger Wirkungen ist mit (S)-Ketamin gegenüber dem Racemat eine Dosisreduktion um die Hälfte möglich. Darüber hinaus wird (S)-Ketamin schneller eliminiert und ist damit insgesamt besser steuerbar. Neben der reduzierten Substanzbelastung führt dies zu eindeutig verkürzten Aufwachzeiten. Die unterschiedliche Wirkung von (R)- und (S)-Ketamin ist durch klinische Studien belegt.

  • Nach etwa 30 Sekunden beginnt Ketamin (wie auch S-Ketamin) bei intravenöser Gabe analgetisch zu wirken. Diese Wirkung hält etwa 5 bis 15 Minuten, bei S-Ketamin 30 bis 40 Minuten, an.
  • Plasmahalbwertszeit: bei klinischer Gabe beträgt die terminale Eliminationshalbwertszeit für (S)-Ketaminhydrochlorid zwischen 79 Minuten (nach kontinuierlicher Infusion) und 186 Minuten (nach niedrigdosierter i.v.-Gabe), bei anderen Applikationsformen zwei bis dreieinhalb Stunden.
  • Therapeutische Dosis: Abhängig von Zielsetzung (Analgesie, Narkose), Co-Medikation und Kreislaufsituation sowie nach Wirkung im Einzelfall anzupassen.
  • Bioverfügbarkeit: oral 17 %, sublingual 33 %, intranasal 25 bis 50 %, intramuskulär 93 %.

Ketamin ist als Allgemeinanästhetikum zur Einleitung und Durchführung einer Vollnarkose, als Ergänzung bei Regionalanästhesien und als Anästhetikum und Analgetikum in der Notfallmedizin zugelassen. Es kann intravenös, intramuskulär, oral und nasal verabreicht werden. In der Allgemeinanästhesie wird es bei Erwachsenen oft in Kombination mit einem Schlafmittel (Hypnotikum), beispielsweise aus der Gruppe der Benzodiazepine, eingesetzt, während in der Kinderchirurgie und in der Notfallmedizin (hier das Enantiomer Esketamin) der Einsatz ohne Hypnotika überwiegt.

Auf Grund seiner bronchienerweiternden Eigenschaften ist Ketamin in Kombination mit einem Muskelrelaxans auch zur Intubation bei einem therapieresistenten Status asthmaticus zugelassen. Hierbei werden mit 1 bis 2 und bei Bedarf bis zu fünf Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht vergleichbar höhere Ketamindosen eingesetzt. Für eine niedrigdosierte Anwendung außerhalb der Zulassung (Off-Label-Use) bei Erwachsenen mit einem akuten Asthmaanfall gibt es keine ausreichenden Belege. Abgesehen von Einzelfallberichten gibt es auch keine Hinweise auf eine Wirksamkeit von Ketamin für eine Anwendung bei einem akuten Asthmaanfall bei Kindern.

Ein weiteres zugelassenes Anwendungsgebiet von Ketamin ist die Schmerzbehandlung (Analgesie) intubierter Intensivpatienten.

Ketamin findet auch in der Veterinärmedizin (zum Beispiel in Kombination mit Xylazin in der Hellabrunner Mischung) und in der Pädiatrie Anwendung.

Ketamin ist sowohl ein schlaferzeugendes Mittel (Hypnotikum) als auch ein potentes Analgetikum. Charakteristisch für seine Wirkung ist die Erzeugung einer dissoziativen Anästhesie, d. h. die Erzeugung von Schlaf und Schmerzfreiheit unter weitgehender Erhaltung der Reflextätigkeit, auch der Schutzreflexe. Damit entfällt insbesondere die bei anderen Anästhetika bestehende Gefahr eines lebensbedrohenden Atemstillstands, damit verbunden die Notwendigkeit der Atem- und Kreislaufüberwachung mit entsprechendem Apparate- und Personalaufwand.

Eine Studie von 2010 mit 18 Teilnehmern erforschte die intravenöse Gabe von Ketamin, welche die depressiven Episoden bei Patienten mit bipolarer Störung binnen 40 Minuten beendete. Die Wirkung war jedoch nicht von Dauer.

Eine Studie aus dem Jahr 2013 mit 26 Teilnehmern beschrieb anhaltende antidepressive Wirkungen von niedrigen sublingualen Ketamindosen bei hartnäckigen Depressionen und Depressionen im Rahmen der bipolaren Störung. Bei 20 Teilnehmern (77 %) zeigte sich eine beständige Stimmungsaufhellung sowie verbesserter Schlaf. Es wurden dabei alle zwei bis drei Tage bzw. wöchentlich zehn Milligramm (RS)-(±)-Ketamin sublingual eingenommen, wobei sich als Nebenwirkung eine leichte Benommenheit – jedoch keine Euphorie oder Dissoziation – bemerkbar machte.

Untersuchungen aus dem Jahr 2014 an der Charité weisen aufgrund der schnellen therapeutischen Wirkung auf eine geeignete Einsatzmöglichkeit für die Akutbehandlung therapieresistenter und vor allem suizidgefährdeter depressiver Patienten hin.

In einer Studie aus dem Jahr 2014 mit 21 Patienten (bipolare Störung) wurden durch bildgebende Verfahren Effekte durch Ketamin in Gehirnregionen registriert, die besondere Bedeutung bei Depressionen haben. Unter anderem war die Besserung der Symptome durch Ketamin signifikant korreliert mit Änderungen im rechten ventralen Striatum.

Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2015 von acht randomisierten kontrollierten Studien bestätigte die Wirkung von Ketamin nach einmaliger Gabe zur sofortigen Behandlung uni- und bipolarer Depression. Nach einer weiteren Metaanalyse von 2015 führte eine einmalige Gabe zu einer signifikanten Besserung über einen Zeitraum von mindestens sieben Tagen. Eine Übersicht von 2015 über neun Einzelstudien zur Behandlung von insgesamt 137 Patienten mit Suizidgefährdung (Suizidalität) berichtete über eine schnelle Besserung (ab 40 Minuten) in jeder der neun Einzelstudien.

Verschiedene Studien in den USA untersuchen das Potential des Ketamins bei einer schweren Depression, behandlungsresistenten Depressionen sowie bei Angstgefühlen und Depressionen bei Krebspatienten (Stand: 2015).

Am 12. Februar 2019 empfahl ein unabhängiger Expertenausschuss der US Food and Drug Administration die Zulassung des enantiomerenreinen Eutomers (S)-Ketamin (Freiname: Esketamin) als Nasenspray zur Behandlung von behandlungsresistenter Depression, im März 2019 folgte die Zulassung als Spravato. Seit Dezember 2019 ist Spravato in der europäischen Union zur Behandlung der behandlungsresistenten Depression zugelassen. Später wurde das Anwendungsgebiet erweitert um die akute Kurzzeittherapie bei Erwachsenen mit einer mittelgradigen bis schweren depressiven Episode zur schnellen Reduktion depressiver Symptome, die nach ärztlichem Ermessen einen psychiatrischen Notfall darstellen (Juli 2020 in USA, Februar 2021 in der EU). In jedem Fall erfolgt die Anwendung in Kombination mit der medikamentösen Behandlung mit oralen Antidepressiva; Anwendung und Nachbeobachtung müssen in einem geeigneten medizinischen Umfeld stattfinden.

Als sehr häufige Nebenwirkungen können psychotrope Effekte (Pseudohalluzinationen, unangenehme Träume), Übelkeit und Erbrechen, erhöhter Speichelfluss (Hypersalivation), Sehstörungen, Schwindel und motorische Unruhe auftreten. Daneben wirkt Ketamin als einziges Narkotikum blutdruck- und herzfrequenzsteigernd; dies ist bei spezifischen Indikationen erwünscht. Im Rahmen der Notfallmedizin ist es das einzige Medikament, mit dessen Einsatz kreislaufstabilisierende und narkotische Effekte kombiniert werden können. Der Einsatz bei Patienten mit schwerer koronarer Herzerkrankung (zum Beispiel Herzinfarkt) ist hingegen abzulehnen, weil das Medikament durch Herzfrequenz- und Blutdruckanhebung die Herzarbeit steigert und somit den Sauerstoffverbrauch des Herzmuskels erhöht.

Ketamin bewirkt eine Erhöhung von Augen- und möglicherweise Hirndruck, weshalb es bei Verletzungen dort nicht als einziges Anästhetikum eingesetzt werden sollte. Der Muskeltonus der Kehlkopfmuskulatur bleibt unter Ketamin erhalten. Ein sicherer Aspirationsschutz besteht jedoch nicht. In höheren Dosierungen wirkt Ketamin ebenso bronchospasmolytisch. Ketamin als Notfallmedikation kann das Risiko einer Posttraumatischen Belastungsstörung erhöhen. In der Routineanästhesie wird Ketamin aufgrund der psychotropen Nebenwirkungen weitgehend abgelehnt. Die Kombination mit einem Benzodiazepin kann aber das Auftreten von Albträumen und Halluzinationen teilweise verhindern. Eine Reizabschirmung ist ebenfalls sinnvoll.

Ketamin gehört wie Midazolam zum sogenannten Milwaukee-Protokoll, einem experimentellen Behandlungsschema bei einer Tollwut-Erkrankung. Dabei wird der Patient in ein künstliches Koma versetzt. Versuche mit Zellkulturen wie auch an Ratten hatten gezeigt, dass Ketamin die virale Gen-Transkription in den Nervenzellen verlangsamt. Wie auch bei anderen Substanzen konnte für Ketamin noch keine klinische Wirksamkeit gegen Tollwut beim Menschen nachgewiesen werden. Dennoch ergeben sich daraus für die pharmakologische Forschung Hinweise auf mögliche Zielmoleküle.

Aufgrund seiner dissoziativen Wirkung wird Ketamin auch weltweit als Rauschdroge verwendet.

In niedrigen Dosierungen induziert Ketamin eine Verzerrung des Raum- und Zeitempfindens, Pseudohalluzinationen sowie milde dissoziative Effekte. Ketaminkonsumenten gaben an, dass die besonders erwünschten Effekte in einer „Verschmelzung mit der Umgebung“ (‘melting into the surroundings’), visuellen Halluzinationen, außerkörperlichen Erfahrungen und Albernheit bestanden. Die psychoaktiven Effekte, die mit der Rauschwirkung von Ketamin einhergehen (Derealisation, Depersonalisation, auditive sowie visuelle Halluzinationen, ungewöhnliche Gedankeninhalte, Euphorie, verstärkte Farbwahrnehmung, Verlust des Zeitgefühls sowie neuartige Körperempfindungen) wurden im Allgemeinen als positiv eingestuft. Allerdings gaben 20 % aller Ketaminkonsumenten an, dass derartige Effekte unerwünscht und psychisch belastend seien. Zudem gaben 38 % an, eine Person zu kennen, die bereits schlechte Erfahrung mit Ketamin gemacht hat. John Cunningham Lilly und David Woodard (unter anderem) haben ausführlich über ihre eigenen psychonautischen Erfahrungen mit Ketamin geschrieben.

Die Aufwach-Erscheinungen nach einer Anwendung zur Narkose, die bei Ketamin vorkommen, können Wahngedanken, Halluzinationen, Delir, Verwirrtheit, gelegentlich aber auch außerkörperliche Erfahrungen sowie Nahtoderfahrungen beinhalten. Der klinische Einsatz von Ketamin wurde deshalb von jeher durch derartige Symptome eingeschränkt, doch wurde dadurch auch ab den 1960er-Jahren das Interesse an einer Verwendung als Rauschdroge geweckt. Zu den teils erwünschten, teils unangenehmen und angsteinflößenden Wirkungen zählt das K-Hole (Ketamin-Loch), eine etwa 30-minütige komplette Dissoziation von der Realität. Hierbei können Ataxie, Dysarthrie, muskuläre Hypertonie sowie Myoklonie auftreten. Äußerlich gleicht der Zustand häufig einer Bewusstlosigkeit. Das Risiko eines K-Holes wurde mit erhöhtem Ketaminkonsum in Verbindung gebracht, insbesondere bei Nutzern, die Ketamin mehr als 20-mal konsumiert hatten. Die Anwesenheit anderer Personen (etwa Freunde, Personal in Clubs oder auf Festivals) kann dabei helfen, mit der Erfahrung umzugehen.

Es besteht das Risiko einer psychischen Abhängigkeit, wenn Ketamin für längere Zeit nichtmedizinisch verwendet wird. Sporadischer Ketaminkonsum ist nicht mit kognitiven Einschränkungen behaftet, chronischer Gebrauch verursacht allerdings erhebliche Beeinträchtigungen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses; ob diese reversibel sind, war bis 2013 noch offen. Der Einsatz als K.-o.-Tropfen ist seit langem bekannt.

Ketamin hat eine große therapeutische Breite. Die mittlere letale Dosis (LD50), die bei Tieren beobachtet wurde, ist etwa das 100fache der durchschnittlichen menschlichen intravenösen Dosis und das 20fache der durchschnittlichen menschlichen intramuskulären Dosis, die im klinischen Umfeld zur Narkose benutzt wird.

Weiterhin kann Ketamin bei längerfristigem Gebrauch die ableitenden Harnwege schädigen. Es kann zu urologischen Beschwerden (LUTS) und zu einer Blasenentzündung mit Bildung von Geschwüren (ulzerative Zystitis) kommen. Die Symptome sind meist reversibel, falls der Ketamingebrauch eingestellt wird, bei chronischem Gebrauch sind jedoch Operationen nötig.

Die dissoziative Wirkung von Ketamin kann Nutzer in einen Zustand versetzen, in dem sie verwundbar sind durch Unfälle, Raub, Überfall und Vergewaltigung. In einer Studie mit neunzig Ketamin-Nutzern berichteten 13 %, dass sie als direkte Folge des Ketaminrausches in einen Unfall verwickelt waren, 83 % kannten jemanden, der einen Unfall durch Ketaminkonsum erlitt.

Eine magnetresonanztomographische Untersuchung an 21 chronischen Ketaminkonsumenten zeigte bei allen Probanden Hirnschäden, deren Schwere mit Dauer des Konsums korrelierten. Leichte Schäden waren bereits nach einem halben Jahr täglichen Konsums (1 g/Tag) nachweisbar. Während zunächst nur die Weiße Substanz der Großhirnrinde oberflächlich betroffen war, breiteten sich die Läsionen bei längerer Einnahme (ab 1–3 Jahre) auch auf tiefere Hirnareale, wie die Capsula interna und wenig später dem Pons und das Kleinhirn aus. Bei Probanden mit 4–5 Jahren Konsum waren schließlich auch das limbische System und das Stammhirn betroffen. Die Schäden wurden in diesem Stadium – mit fünf oder mehr betroffenen Regionen – als „schwer“ eingestuft. Mischkonsum mit anderen Drogen oder höhere Tagesdosen stehen in Verdacht, die schädigende Wirkung zu verstärken.

Öffentliche Daten für den Gebrauch von Ketamin als Rauschdroge lagen bis 2011 für Frankreich, Großbritannien, Italien, Tschechien und Ungarn vor.

Der Europäische Drogenbericht 2015 der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) erwähnt eine nicht-repräsentative Online-Befragung mit 25.790 Teilnehmern zwischen 15 und 34 Jahren, die regelmäßig an „Veranstaltungen des Nachtlebens“ teilnahmen, nach der in zehn europäischen Ländern die 12-Monats-Prävalenz des Konsums von Ketamin hinter der von Cannabis, MDMA, Kokain und Amphetamin lag. Im Vereinigten Königreich gab es von 1997 bis April 2013 nach amtlicher Statistik 93 Todesfälle in Verbindung mit dem Gebrauch von Ketamin als Rauschmittel. Von den 93 Personen waren 86 % männlich, und das Durchschnittsalter betrug 30,9 Jahre (15,8 bis 60,6 Jahre). Bei 70 dieser Fälle war eine zusätzliche Droge (wie etwa Alkohol) beteiligt.

In Deutschland ist Ketamin ein verschreibungspflichtiges Medikament. Seit 2021 fällt es unter das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz; strafbar sind somit Verabreichen, in Verkehr bringen, Handeltreiben, sowie die Herstellung oder Verbringung ins Inland zum Zweck des Inverkehrbringens.

In Österreich und der Schweiz ist Ketamin verschreibungspflichtig und fällt in diesen Ländern nicht unter das Betäubungsmittelrecht.

In Großbritannien hat der zunehmende Gebrauch von Ketamin als Droge die Regierung veranlasst, das Medikament seit Januar 2006 als Droge der Klasse C einzustufen. Da in der Folgezeit die Schäden noch höher waren als erwartet, wurde die Klassifizierung 2014 verschärft und die Substanz in Klasse B hochgestuft. Der illegale private Besitz ist dort seitdem mit bis zu fünf Jahren Haft strafbar, statt mit bis zu zwei Jahren (seit 2006). Der illegale Handel kann weiterhin mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden. Mittlerweile wird Ketamin auch in Ländern, in denen es bisher frei erhältlich war (zum Beispiel Indien), unter Restriktion gestellt.

Ketalar (CH), Ketanest S (Wirkstoff Esketamin, D), zahlreiche Generika

Tiermedizin: Anesketin, Ketaset, Ketavet, Narketan, Ursotamin

(chronologisch geordnet)

Monographien
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  • Karl Jansen: Ketamine: Dreams and Realities. MAPS 2004, ISBN 0-9660019-7-4.
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Artikel
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  • Karl Jansen: A review of the nonmedical use of ketamine: use, users and consequences. In: Journal of psychoactive drugs. Band 32, Nummer 4, 2000 Oct-Dec, S. 419–433, doi:10.1080/02791072.2000.10400244, PMID 11210204 (Review).
  • Karl Jansen, R. Darracot-Cankovic: The nonmedical use of ketamine, part two: A review of problem use and dependence. In: Journal of psychoactive drugs. Band 33, Nummer 2, 2001 Apr–Jun, S. 151–158, doi:10.1080/02791072.2001.10400480, PMID 11476262 (Review).
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  • Janna Lawrence: The secret life of ketamine. In: The Pharmaceutical Journal, the official weekly journal of the Royal Pharmaceutical Society, 19. März 2015, Vol 294, No 7854/5; abgerufen am 17. Oktober 2015.
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  • Rachel Wright: Ketamine: why not everyone wants a ban. BBC News, 13. März 2015, zur Bedeutung von Ketamin als unersetzliches Narkotikum in weiten Gebieten der weniger entwickelten Welt; abgerufen am 18. Oktober 2015.
  • Wie Ketamin die Depressionen zügelt. In: Deutsches Ärzteblatt. 20. Februar 2018, abgerufen am 15. August 2018. 

Text submitted to CC-BY-SA license. Source: Ketamin by Wikipedia (Historical)