![Liste vor- und frühgeschichtlicher Wallanlagen in Hessen Liste vor- und frühgeschichtlicher Wallanlagen in Hessen](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/7/79/LWAiHe_small.png/400px-LWAiHe_small.png)
Die Liste vor- und frühgeschichtlicher Wallanlagen in Hessen erfasst die Vielzahl solcher Wallanlagen oder Befestigungen in Form von Ringwällen, Wallburgen oder befestigten Oppida von der Steinzeit bis zur Zeitenwende (Vor- und Frühgeschichte), die sich auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Hessen befinden. Die meisten von ihnen sind nur noch als Geländespuren sichtbar oder im Zustand mehr oder weniger gut erhaltener Ruinenreste.
Die befestigten Anlagen sind Zeugen unserer menschlichen Geschichte, Kultur- und Bodendenkmäler im Sinne des Hessischen Denkmalschutzgesetzes. Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde sind den Denkmalbehörden zu melden. Raubgrabungen können strafrechtlich verfolgt werden, fügen den Bodendenkmälern meist schweren Schaden zu und zerstören oft wichtige archäologische Zusammenhänge zur Geschichte.
Die zum Teil auf eine bis über 7000-jährige Geschichte zurückblickenden Bauten waren Schutz-, Lokal- und Herrschaftszentren, besaßen aber oft auch eine Funktion als religiöser Kulminationsort. Unter den aufgeführten Objekten sind Wälle und Wallanlagen von etwa 6000 bis 4000 v. Chr. von der Stein- bis zur Bronzezeit, Befestigungen der Eisenzeit sowie Wallanlagen und oppida der Kelten aus der Hallstatt- und Latènezeit vor der Zeitenwende. Zu den meisten Anlagen existieren keine schriftlichen Zeugnisse; teilweise sind sie auch noch nicht archäologisch tiefergehend untersucht. Hauptsächlich liegen solche Befestigungen auf Bergen und Höhenrücken. In der Gegenwart lassen sich mit Reliefdaten aus Lidar-Scannings auch kleine Oberflächenunterschiede sichtbar machen. Dadurch können verschliffene Anlagen wieder sichtbar gemacht werden. Diese neueren wissenschaftlichen Daten zeigen, dass die aufgeführten Anlagen meist viel größer waren als heute noch an der Oberfläche ersichtlich.
Aus der Jungsteinzeit sind sogenannte Erdwerke oder auch Grubenwerke aus der Ebene oder an Flüssen bekannt, die von einem Einfach- bis zu Mehrfachgrabensystem reichten; Wälle als ergänzendes Annäherungshindernis sind nur teilweise nachgewiesen. Wenn ihre Funktion auch oft nicht restlos geklärt ist, so zeigen doch zum Beispiel die intensiven archäologischen Untersuchungen des ca. 14 ha großen Erdwerkes Calden, dass es wenig zum Schutz, sondern eher für kultische Handlungen oder Bestattungsrituale genutzt wurde. Die in Hessen Erdwerke genannten Anlagen wurden erst in neuerer Zeit durch Luftaufnahmen oder Prospektionen gefunden, da sie oft, nach nur kurzer Nutzung der Anlagen, wieder verfüllt wurden. Über ein Dutzend dieser Anlagen sind in den Grenzen des heutigen Bundeslandes Hessen bisher bekannt, darunter das zweitgrößte bisher entdeckte, das sogenannte Erdwerk Schierstein im gleichnamigen Wiesbadener Stadtteil Schierstein.
Von den zeitlich späteren Wallanlagen ist heute fast nur noch der Wall als Hauptelement der Befestigungsanlage sichtbar. Er kann auf verschiedene Weise aufgebaut gewesen sein: als einfache Erdaufschüttung, als Holz-Erde-Konstruktion, als Pfostenschlitzmauer, als Steinwall oder als Mauer. Ehemalige Holz-Erde-Mauern, aber auch solche aus Stein sind heute im Gelände oft nur noch als vermeintlicher Erdwall zu erkennen. Meist war dem Ringwall ein Graben vorgelagert; der Wall konnte durch eine Palisade ergänzt worden sein, wobei vorwiegend natürliche Geländekanten genutzt wurden. In vielen Fällen errichteten die Erbauer mehrere konzentrische Ringwälle und zusätzliche Abschnittswälle, wodurch eine effektivere Verteidigung gegen Angreifer möglich war. Archäologische Untersuchungen der letzten Jahre lassen erkennen, das die mehrgliedrig gestaffelten, bzw. mit zusätzlichen Abschnittswällen oder Annexen versehenen Ringwallanlagen typisch für Anlagen mit einer mehrphasigen eisen- oder latènezeitlichen Belegung sind.
Von inneren Bauten – so vorhanden –, ist heute nur noch in seltenen Fällen ein Nachweis möglich. Diese Anlagen – größere sind oft von mehrfachen Wällen mit Annexen und Abschnittswällen umgeben – sind außerdem in der Regel erheblich größer als spätere mittelalterliche Höhenburgen. Nicht selten schließen solche Ringwälle bis zu 150 Hektar ein, normal sind aber zwischen einem bis etwa 15 Hektar.
Eine Ausnahme vorchristlicher Befestigungen bildet die Wallanlage Rentmauer bei Weilrod-Rod an der Weil im Hochtaunuskreis. Die noch unerforschte Anlage könnte als eine Viereckschanze (Keltenschanze) interpretiert werden und wird in die Latènezeit gelegt. Sie würde für den hessischen Raum eine Sonderstellung einnehmen, da solche Anlagen nur aus dem süddeutschen Raum südlich des Odenwaldes bekannt sind, mit einer weiteren möglichen Ausnahme, der Viereckschanze innerhalb des Oppidum Donnersberg auf dem pfälzischen Donnersberg.
Aus der nachfolgenden Zeit der Germanen, zu denen besonders die Chatten in Nord- und Mittelhessen gehörten, und später der Alemannen sind keine größeren Befestigungsbauwerke überliefert bzw. es wurden möglicherweise die Vorgängerbauten der Kelten und Römer mitbenutzt. Einzig befestigte völkerwanderungszeitliche Höhensiedlungen sind bekannt, die aber zum überwiegenden Teil auf den vorgeschichtlichen Befestigungen der Kelten oder Römer aufbauen. Mit den Eroberungen und der Zeit der Herrschaft der Franken sowie der Herrschaft über die auch in Südhessen siedelnden Alemannen und das entstehende Frankenreich der Merowinger ging die Spätantike ins Frühmittelalter über; die Zeit des Burgenbaus brach an und führte die Kultur befestigter Höhen zu neuer Blüte.
Als ein herausragendes Beispiel solcher wallartigen Befestigungen in Hessen gilt der Höhenrücken des Glaubergs. Hier ist eine fast lückenlose Besiedlung von der Jungsteinzeit über eine spätbronzezeitliche Urnenfelderkultur, Ring- und Annexwall um ein Oppidum mit wertvollen Funden der Keltenzeit, einschließlich Grabhügel und Prozessionsstraße (Museum und Forschungsstätte: Keltenwelt am Glauberg), die Benutzung als Höhensiedlung eines alemannischen Kleinkönigs im 4. und 5. Jahrhundert, eine fränkische Höhenbefestigung bis zu einer stauferschen Höhenburg und Siedlung im Mittelalter (Burg Glauburg) nachweisbar.
Untersucht bzw. wissenschaftlich erforscht werden solche Anlagen meist durch die Archäologie der Vor- und Frühgeschichte. Dabei gibt es heute immer mehr Unterstützung durch ehrenamtliches Engagement von örtlichen Vereinen oder Geschichtsvereinen, die die Besiedlungsgeschichte und ihre regionalen Aspekte erforschen, besser darstellen bzw. der Bevölkerung bewusst machen wollen.
Bekannte vor- und frühgeschichtliche Befestigungsanlagen im heutigen Bundesland Hessen (Stand: 7. Januar 2024): Erfasster Bestand : 90
Es sind noch mindestens dreißig weitere Anlagen bekannt, die eine vorchristliche Zeitstellung haben könnten, aber aufgrund fehlender Untersuchungen und wissenschaftlicher Erkenntnisse derzeit nicht eindeutig datiert sind.
Die folgenden Listen sind meist ohne zeitliche Unterscheidung bzw. auch mittelalterliche Wallburgen einschließend:
Bedingt durch die Menge des Kontextes und seine zeitliche Dauer ist eine große umfangreiche Literatur vorhanden, die sich oft mit Teilaspekten beschäftigt. Hier ist nur Literatur angegeben, die überblicksweise oder in großen Teilen die gegebenen Anlagen beschreiben. Einzelliteratur ist in den Quellen ausgewiesen.
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